Glücksspiel im Wilden Westen
Gambling: Vom Nervenkitzel bis zum Existenzrisiko
Lesedauer: ca. 9 Minuten.
21. März 2025
Glücksspiel im Wilden Westen – In den Westernfilmen von damals und heute ist das Bild allgegenwärtig: Irgendwo in einem staubigen Saloon, jenseits der Zivilisation, sitzt eine Gruppe von Cowboys, die sich über ein paar Karten beugen und um ihr letztes Hab und Gut spielen. Doch wie sah die Realität dahinter aus?
War das Glücksspiel tatsächlich so weit verbreitet, wie es uns Hollywood glauben lässt? Der Beaver Creek Pioneer in einem kurzen Abriss über das Old West Gambling!

In diesem Beitrag
- 1. Glücksspiel als Lebensstil
- 2. Glücksspiel in Kalifornien: Goldrausch im Wilden Westen
- 3. Beliebte Spiele und der Reiz nach dem schnellem Geld
- 4. Poker – Ein amerikanisches Original?
- 5. Die Ära der Flussdampfer: Gambling im großen Stil
- 6. Berühmte Glücksspieler im Wilden Westen
- 7. Frauen im Glücksspiel: Heldinnen in einer Männerwelt?
- 8. Glücksspiel bei den Natives: Zwischen Ritual und Wettstreit
- 9. Soziale Folgen und Risiken

Glücksspiel als Lebensstil
Auch wenn es die Vermutung zulässt, dass Gambling im Wilden Westen Amerikas lediglich eine Freizeitbeschäftigung für gelangweilte Cowboys war, so belehrt uns die Geschichte eines Besseren: Soldaten, Holzfäller, Goldsucher, Viehzüchter, Revolverhelden und sogar Priester – fast jeder versuchte sein Glück an den Spieltischen.
Glücksspiel wurde rasch zur gesellschaftlichen Norm und drang daher in nahezu alle Bereiche des alltäglichen Lebens vor. Kurzum – ein Jeder spielte. Einige Spieler machten das ständige Risiko sogar zu ihrem Beruf und waren in Saloons angestellt. Ihr Ziel: Das Geld aus den Taschen der Mitspieler zu ziehen, zu Gunsten des Saloons. In einigen Fällen führte dies jedoch auch zur völligen Pleite des Etablissements.

Beim Kartenspiel bricht ein Streit unter diesen Gentlemen aus – Frederic Remington, 1887
Ein Indikator für den Wohlstand einer Frontier-Stadt war oft der Wert der Einsätze, die Spieler in den Saloons setzten. Dabei dienten die Spiele nicht nur der Unterhaltung, sondern boten auch Möglichkeiten, schnelle Gewinne zu erzielen und das harte Leben der Frontier vorübergehend zu vergessen.
Einige wenige wiederum schafften es, durch das Gambling so großen Wohlstand zu erlangen, dass sie zu regelrechten Berühmtheiten wurden – das wiederum spornte auch andere an ihr Glück im Spiel zu versuchen.
Sogar in den entlegensten Ecken der Zivilisation traf man das Glücksspiel an. Auch dann, wenn der Saloon gerade mal aus einem Zelt bestand – eins war sicher: Es gab Kartenspiele, Würfeltische und andere Möglichkeiten das hart erarbeitete Geld aufs Spiel zu setzen.

Faro Spieler in einem Saloon Zelt in Randsburg, Kalifornien, ca. 1900

Glücksspiel in Kalifornien: Goldrausch im Wilden Westen
Bereits ab 1848 wurde Kalifornien zu einem Paradies für Glücksspieler. Minenarbeiter, die aufgrund des dortigen Goldrausches schnell zu Geld gekommen waren, setzten alles auf eine Karte. Spielhallen schossen aus dem Boden und wurden prächtig ausgestattet, um Goldsucher anzulocken. San Francisco entwickelte sich darauf zu einem Epizentrum des Glücksspiels mit zahlreichen Saloons wie dem berühmten El Dorado.

Portsmouth Square – San Francisco 1851
Dort wurde Faro, Roulette und Blackjack mit großen Summen gespielt. Die Glücksspielbranche wurde zur treibenden Kraft der lokalen Wirtschaft und blieb trotz der späteren strengen Gesetzgebung lange Zeit ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens.

Beliebte Spiele und der Reiz nach dem schnellem Geld
Der Vielfalt an Spielen war kaum eine Grenze gesetzt. Faro, Poker, Monte und Roulette gehörten zu den populärsten Spielen. Besonders Faro erfreute sich bei den Goldgräbern großer Beliebtheit, da es sich durch seine einfachen Regeln und seine schnelle Spielweise auszeichnete: Die Spieler wetteten auf Karten, die ein Bankhalter zog – wer dabei die richtige Karte erwischte, gewann, ansonsten ging der Einsatz an die Bank.
Der Einsatz beim Faro lag üblicherweise zwischen 25 Cents und 1 Dollar. Zum Vergleich: Ein Cowboy verdiente auf einem Vieh-Trail einen Monatslohn von höchstens 100 Dollar. Eine geringere Bezahlung, je nach Beruf und Aufgabe, war jedoch üblich. Ende des 19. Jh. bspw. hatte ein ungelernter Arbeiter im Durchschnitt einen Wochenlohn von etwa 9 Dollar, bei einer Arbeitswoche von 52 Stunden. Der Sears and Roebuck Katalog von 1897 zeichnete beispielsweise ein paar normale Stiefel für den Alltag mit 3,50 Dollar aus.
Die Ausstattung der Faro-Tische war dabei oft opulent, und die Karten waren mit kunstvollen Bildern verziert. Faro selbst galt als sehr risikobehaftetes Spiel. Es wurde daher bisweilen auch als „Tiger“ bezeichnet – symbolisch für die Gefahr und den Nervenkitzel, dem sich die Spieler freiwillig stellten.
Das Spiel selbst hat seinen Ursprung in Frankreich, wo man es Pharaon (franz. für einen ägyptischen Pharao) nannte. Das Spiel erfreute sich schon damals großer Beliebtheit und breitete sich daher auch nach England und Deutschland aus. Schließlich landete es auch auf dem Amerikanischen Kontinent, wo es zu einem der beliebtesten Glücksspiele wurde.
Neben Faro waren auch Würfelspiele wie „Chuck-a-luck“, „Drei-Karten-Monte“ und Roulette äußerst beliebt, denn sie versprachen schnelle Spiele und hohe Gewinne.

Poker – Ein amerikanisches Original?
Historische Vorläufer des Pokerspiels sind bereits im Deutschland des 16. Jh. zu finden. Hier spielte man anfänglich ein Kartenspiel, das als Pochen bezeichnet wurde. Auch dieses Spiel breitete sich in Europa aus, vor allem aber in Frankreich, wo man es Poque nannte.
Die Spieler spielen mit einem Pochbrett, auf dem einzelne Karten und Kombinationen aus verschiedenen Karten abgebildet sind. Eine Poch-Runde hat dabei drei Spielphasen: In der ersten Phase wird gepocht. Hier werden auf Basis des Handblattes Wetten abgeschlossen, ähnlich wie beim heutigen Pokern. In der zweiten Phase nehmen die Spieler Geld aus einem Pot, abhängig davon, ob sie Handkarten in der Farbe des aktuellen Trumpfes besitzen. Hier kommt das Pochbrett zum Einsatz: Die Spieler nehmen sich den vorher eingezahlten Betrag aus den Mulden des Bretts auf dem die Karten abgebildet sind. In der letzten Phase werden Karten abgelegt. Der Spieler, der zuerst keine Karten mehr auf der Hand hat, gewinnt diese Phase.

Die Geburtsstunde des eigentlichen Pokerspiels datieren Historiker auf die Mississippi Region, Ende des 18. Jh. zurück, wo viele Variationen des Spiels kursierten. Das Spiel breitete sich von dort bis in die letzten Winkel des Landes aus.

Soldaten der Union bei einem Pokerspiel, 1864
Eine beliebte Variante des Spiels ist Five-Card-Draw, wobei die Spieler fünf Handkarten besaßen und im Verlauf des Spiels „tauschen“ konnten, in der Hoffnung ein besseres Blatt zu bekommen. Andere Varianten waren beispielsweise das Seven-Card-Stud oder das noch heute sehr beliebte Texas hold `em.

Die Ära der Flussdampfer: Gambling im großen Stil
Eine besondere Form des Glücksspiellebens entwickelte sich auf den berühmten Mississippi-Flussdampfern. Hier konnten professionelle Spieler, oft getarnt als respektable Bürger, naive Passagiere in ihren Bann ziehen, sodass sie um hohe Einsätze spielten.

Der Flussdamfer „Robert E. Lee“, ca. 1884
Manipulationen und Betrügereien waren alltäglich. Wer allerdings erwischt wurde, musste mit harten Konsequenzen rechnen.
Dem Einfallsreichtum der Betrugsmaschen war vor allem beim Kartenspiel kaum eine Grenze gesetzt. Ein recht aufwendige Konstruktion war die „Kepplinger Holdout“ Maschine.
Sie wurde am Körper getragen und konnte dem Spieler Karten im richtigen Augenblick aushändigen.
Die meisten dieser „Holdout“ Maschinen hatten ihre Blütezeit im 19. Jh.
Der Spieler konnte eine bestimmte Karte in die Maschine stecken und sich dadurch einen Vorteil verschaffen.
Er wusste, dass die Karte kein anderer Spieler haben konnte und errechnete sich dadurch bessere Gewinnchancen. Außerdem war es natürlich möglich, die zurückgehaltene Karte wieder ins Spiel zu bringen, wenn dies das eigene Blatt verbessern konnte.
Die Flussdampfer boten eine luxuriöse Umgebung für Spieler und Passagiere gleichermaßen, was jedoch nicht vor Betrug und Gewalt schützte. Geschichten von Spielern, die ihr gesamtes Vermögen verspielten und in existenzielle Krisen gerieten, waren demzufolge an der Tagesordnung.

Berühmte Glücksspieler im Wilden Westen
Keine Gewinne ohne das Risiko – Berühmte Glücksspieler wie George Devol oder Canada Bill Jones wurden zu Legenden des Wilden Westens. Ihre Geschichten wurden vielfach weitergegeben und ausgeschmückt.
Devol etwa, ein Flussdampfer Spieler und Meister des Drei-Karten-Monte, war bekannt für seine Persönlichkeit.
Einerseits zog er es vor, nie mit „Jünglingen“ zu spielen, andererseits nutzte er Gelegenheiten, bei denen er sein Gegenüber zunächst betrunken machte und danach nach Strich und Faden ausnahm.
Man sagte ihm nach, dass er die Männer bewunderte, die ihr Vermögen verloren ohne zu jammern und gab ihnen dann sogar einen Teil seines Gewinns zurück – wehleidige Verlierer jedoch soll er verachtet haben.

Frauen im Glücksspiel: Heldinnen in einer Männerwelt?
Zwar waren Frauen im Glücksspiel des Wilden Westens selten, wenn sie jedoch spielten, waren sie nicht gänzlich unbekannt. Einige schafften es sogar zu großer Berühmtheit und damit auch zu einem gewissen Wohlstand und Ansehen in der Gesellschaft.
Weibliche berühmte Glücksspieler des Wilden Westens, wie Madame Moustache oder Poker Alice machten Karriere hinter den Spieltischen und erregten großes öffentliches Aufsehen.
Madame Moustache, ursprünglich Eleanore Dumont, betrieb Casinos und wurde bekannt für ihre raffinierte Spielweise, verlor jedoch später aufgrund von Glücksspielen und persönlicher Probleme alles.
Poker Alice hingegen erreichte dauerhaften Wohlstand und Ruhm durch ihr außergewöhnliches Können im Poker.
Sie lebte ein turbulentes Leben, führte später sogar ein eigenes Bordell und war bis ins hohe Alter aktiv.
Weitere bemerkenswerte Spielerinnen waren Belle Siddons, eine ehemalige Spionin der Konföderierten, die später Casinos betrieb, und Madame Simone Jules, die als erste bekannte weibliche Falschspielerin Kaliforniens galt und mit ihrer Ausstrahlung und geschickten Tricks viele Spieler anzog.

Glücksspiel bei den Natives: Zwischen Ritual und Wettstreit
Jenseits der Großstädte und Siedlungen war das Gambling ebenfalls weit verbreitet – und zwar schon lange vor deren Errichtung. Das Glücksspiel hatte bei den Ureinwohnern Nordamerikas lange vor der Ankunft der Europäer eine große Bedeutung und war tief in ihren kulturellen und religiösen Traditionen verwurzelt.

Die Mandan Krieger beispielsweise versuchten mit ihren Bögen möglichst viele Pfeile abzuschießen, sodass sie gleichzeitig in der Luft waren. Oft wurde dabei auch um einen materiellen Einsatz gewettet.
Beliebte Spiele waren Würfelspiele, Ratespiele wie das „Handspiel“ oder Geschicklichkeitsspiele, bei denen Teilnehmer versuchten, ihren Gegner geschickt zu täuschen.

Indianische Spieler riskierten alles, von materiellen Gütern bis hin zu ihren Familienmitgliedern – dass die eigene Frau als Wetteinsatz dargeboten wurde, war keine Seltenheit. Die Spiele waren oft von tagelangen Zeremonien begleitet, bei denen Gesang und Tänze eine zentrale Rolle spielten. Konflikte, die aus solchen Spielen entstanden, konnten sogar tödlich enden.
Auch Spiele, die zuerst durch weiße Siedler eingebracht wurden, wurden adaptiert. Den Apache z.B. wurde in der Mitte des 19. Jh. der Warentausch in den süd-westlichen Handelsplätzen untersagt. Dadurch war es ihnen dort auch nicht weiter möglich Glücksspiel zu betreiben. Die Apache entwickelten darauf ihre eignen Kartendecks, die aus bemalter Rohhaut bestanden.



Soziale Folgen und Risiken
Obwohl Gambling in der Kultur des Wilden Westens fest verankert war, brachte es auch erhebliche soziale Probleme mit sich. Spielsucht, Armut und auch Gewalt waren daher weit verbreitet. Verzweifelte Spieler nahmen sich gelegentlich sogar das Leben, nachdem sie alles verloren hatten.
Glücksspiele brachten nicht nur Wohlstand, sondern zerstörten auch Existenzen und Familien – so wie es auch heute noch der Fall ist.
Wenn es auch heute möglich ist Hilfe bei Glücksspielsucht zu bekommen, so hatten die Damen und Herren der damaligen Zeit weniger Glück. Moralische Widerstände führten zwar immer wieder zu gesetzlichen Einschränkungen und Verboten, aber das Glücksspiel blieb dennoch weit verbreitet, sowohl legal als auch im Untergrund.
Das Glücksspiel prägte das Gesicht und die Mentalität des Wilden Westens nachhaltig – einerseits als simpler Nervenkitzel andererseits als gnadenloses Risiko und Chance gleichermaßen.
Colton White – Beaver Creek Pioneer