Let’s Talk About Hats

Vom Heiligtum der Kuhhirten – dem Cowboyhut
Lesedauer: ca. 6 Minuten.
Sonntag, den 01. August 2021
Nebraska Territory, 1862. Inmitten eines Schneesturms poltert ein gewisser James Butler Hickok in eine eingeschneite Pferde-Station. Der damals 25 Jahre alte Taugenichts, Spieler und Tagelöhner hat seine Rolle im gerade begonnenen Sezessionskrieg noch nicht eingenommen. Da begegnet er in diesem gottverdammten Outpost rein zufällig fünf Outlaws. Einer von diesen Unglücklichen begeht den Fehler und streift Hickoks Fell-Mütze von dessen Kopf. – Was nun folgt, ist eine Sequenz von 20 Sekunden; zwischen Minute 8:37 und Minute 8:57; im Kult-Western “Wild Bill“; Hauptrolle Jeff Bridges … – Am Ende der Szene hat es die Outlaws allesamt erwischt und ein knochen-trockener ‘Wild Bill‘ Hickok spricht den berühmten Satz und gleichzeitig das Credo eines jeden Old West Buffs; frei übersetzt:
Never touch another man’s hat! – Lass die Finger vom Hut deines Gegenübers!
– James Butler Hickok in “Wild Bill“ mit Jeff Bridges
Ein alter STETSON Cowboyhut aus dem Fundus einer ‘Movie-Town‘ in New Mexico, U.S.A.; in Glanzzeiten verkaufte STETSON 3 Millionen Hüte im Jahr.

Der Cowboyhut als Kennzeichen der Persönlichkeit
Nichts vergleichbar Anderes kennzeichnet den Western-Hobbyisten – Abteilung ‘Cowboy‘ – derart eindeutig, wie der Hut, den er trägt! Als ich in den 1970er Jahren zum Hobby fand, überschlugen sich die Ratgeber, die mir bei der Zusammenstellung meines Outfit zur Seite standen, mit ihrer Sachkenntnis. Aber nur in Einem waren sich diese ‘Old Timer‘ einig: Der Hut musste zu mir und meinem ‘Alias‘ passen! Und es musste natürlich ein STETSON sein! Und da ich einen einfachen, namenlosen Cowboy darstellen wollte, lernte ich das Ur-Gestein des ‘US-American Cowboy Hat‘ kennen: den ‘Boss of the Plains‘; oder, wie man ihn auch nennt, den ‘Austral‘, den ‘Mormon Hat‘ oder einfach nur den ‘Open Crown‘.
Zwei STETSON Hats: ein brauner, niedriger ‘Open Crown‘ im “Scout-Stil“; und ein schwarzer ‘Boss Of The Plains‘ in 4x Buffalo Quality.
Zwei weitere ‘Open Crown‘-Exemplare; der schwarze Hut kommt im “Preacher Style“; der helle im typischen, abgenutzten “Drover Style“.

Die Hutform – Spiegelbild eines harten Lebens
Durch das dauernde Anfassen des Hutes, die permanent einwirkenden Witterungseinflüsse und die Zweckentfremdung der Kopfbedeckung – er musste sowohl als ‘Tränk-Eimer‘ fürs Pferd als auch als ‘Kopfkissen‘ für den erschöpften Cowboy herhalten – verlor das gute Stück recht schnell seine ursprüngliche Form. Jedoch der leicht neu zu formende Filz machte es den Drovern möglich, ihre Hüte immer wieder ‘in Form‘ zu bringen. Und so entstanden die vielen verschiedenen Hut-Formen, die letztendlich, eine jede für sich, als Erkennungszeichen ihrer Besitzer galten.
‘Was darf es sein!?‘ – Die ungeahnten Möglichkeiten, den Hut individuell in Form zu bringen; © Craig Staker, STAKER Hats.
Viele Hüte fanden ihren Weg vom Militär in die Bunkhouses der Ranches. Dabei handelte es sich oftmals um breitrandige Offiziers-Hüte, deren Kronen ebenfalls durch eine besondere Höhe auffielen.
Imposante Krempen-Breiten von 4 ½“ und Kronen-Höhen von 6 ½“ geben ihren Besitzern viel Raum, diese Hüte individuell zu ‘stylen‘.

John B. Stetson – Hutmode für Cowboys & Gentlemen
Nachdem John B. Stetson ab dem Jahr 1865 begonnen hatte, in seiner Firma in Saint Joseph, Missouri, unter anderem Hüte herzustellen und auf einen ‘hungrigen Markt‘ zu werfen, war der Siegeszug des ‘STETSON‘ Cowboyhut unaufhaltsam. Die Cattle Drives aus dem Süden in die Schlachthöfe des Mittleren Westens der noch jungen U.S.A. hatten in den 1850er Jahren begonnen. Und die jungen ‘Drover‘ – oder auch ‘Cow-Boys‘ – trugen zunächst noch die Kopfbedeckungen zum Beispiel ihrer Väter, die diese aus der ‘Alten Welt/ Europa‘ mitgebracht hatten: Kappen, gestrickte Woll-Mützen oder Hüte von Städtern und Bauern. Auch waren Hüte mexikanischen Ursprungs dabei.
Ein Traditionsunternehmen auf dem Vormarsch

Aber all diesem Equipment fehlte in der Masse die Größe und die ausladende Hut-Krempe, die ihren Träger vor den Wetter-bedingten Urgewalten auf einem Vieh-Treck schützten. – John B. STETSON hatte die Lösung parat. Seine Produkte boten eine Hut-Krone, deren Höhe ‘viel frische Luft unter der Kuppel‘ gewährleistete; und eine Krempe, die das Gesicht vor direkt einfallender Sonnenglut schützte und den Regen abtropfen ließ. Weit über das Ende der legendären Cattle Drives, die zu Beginn des 20sten Jahrhunderts endeten, verkaufte und verkauft ‘seine‘ Company bis heute den legendären Stetson, wie ihn der Cowboy und der Hobbyist lieben; allerdings mit wechselnden Produktionszahlen; mit wechselnder Qualität und mit einer stets wechselnden Verkaufs-Philosophie:
In den 1880er Jahren war die Zielgruppe die ‘Cowboys‘; nach der Jahrhundertwende waren es die Film-Industrie und die Schickeria; und heute scheint die STETSON Co. einen Weg zu suchen, die Tradition und heutiges Konsum-Verhalten in Einklang und auf ein vernünftiges Level bringen zu wollen …
Ganz besonders Western Ladies legen Wert auf eine gepflegte Kopfbedeckung! Da kann sich manch ein Cow-Boy eine Scheibe abschneiden!
Der Saloon als Laufsteg. Die Bilder wurden von mir (autorisierter Berichterstatter) beim ‘Western Council 2004‘ fotografiert und tragen mein Copyright.

Der Cowboyhut ist mehr als nur ein „Hobby“
Seit ich im Hobby aktiv bin, sind Hunderte von Hüten durch meine Hände gegangen. Ich habe sie gesammelt, habe mit ihnen gehandelt; und ich habe sie an Freunde verschenkt. Das ganze “Dilemma“ dauert bis heute an!
Die Slideshow zeigt einen Querschnitt durch die gängigen Hutformen im Western-Hobby. Erlaubt ist was gefällt … und was man bezahlen will!
Wenn Ihr mehr über die angesagten und aktuellen Hut-Hersteller, über Filz-Qualitäten, über die ‘Self-made‘ Restaurierung von Hüten oder den Umgang und die Wertschätzung ‘in Sachen Western Hat‘ erfahren wollt, dann sagt Bescheid. Ich würde mich gerne weiterhin mitteilen, Euer
P e t e
a.k.a. marshdillion
Über den Autor
Peter Jakob Klein
a.k.a.
marshdillion
Pete ist seit 50 Jahren im ‘Western Reenactment‘ zu Hause; er ist freier Hörfunk- und TV-Journalist und befindet sich mittlerweile im Ruhestand; gearbeitet hat er für die Sender der ARD.
Wenn es um Themen des ‘Western-Hobbys‘ oder des ‘Cowboy Action Schießens‘ geht, dann findet man seine Beiträge u.a. in der VISIER.
August 1, 2021 @ 5:50 pm
Vielen Dank für den interessanten und informativen Beitrag, Pete!
Der klassische „Boss Of The Plains“ ist bis dato einer meiner liebsten Hüte – wird Zeit, dass ich mir auch endlich mal einen anschaffe!
Keep up the good work!
August 2, 2021 @ 1:43 pm
D a n k e für die Blumen! Aber DAS ist eigentlich nur der Anfang einer ‚unendlichen Geschichte‘ ..! Fängt man mit der Frage an, wie ich mein Lieblingsstück richtig aufsetze, pflege und in Form halte, dann ist man schnell bei der Bedeutung der ominösen ‚xxx-Qualität‘ und der Diskussion, ob man Hüte ‚weiten‘ kann. – Ich denke ‚mal, Gesprächsstoff gibt es genug; was auch für die ‚Bedenken & Anregungen‘ von unserem Freund Chet gilt :-)) ..! – Wir hören bestimmt noch voneinander; und haltet Euer Pulver trocken, Euer P e t e
August 1, 2021 @ 7:57 pm
Hallo Pete,
ein sehr aufschlussreicher und gelungener Beitrag, vielen Dank dafür.
Ich denke, dass Dein Bericht bestimmt auch für „Hobby-Neueinsteiger“ als Ratgeber sehr hilfreich sein kann.
Aber auch alte Hasen – und ich bezeichne mich einfach mal so – können immer wieder dazulernen, denn bekanntlich lernt man ja nie aus.
Und tatsächlich würden mich weitere Fragen brennend interessieren und ich würde gerne mehr darüber erfahren:
1) Gibt es staatentypische Hutformen, an denen z.B. ein Texas oder California Cowboy (usw.) sofort zu erkennen war.
2) Dann findet man in den meisten Hüten einen sog. Qualitätshinweis über den Filz, z.B.: 5 XXXXX Beaver, Fur Felt, 4 X Buffalo usw.. Was war die meist verbreitete Filzart in welcher X Qualität – damals und heute!
3) Und letztlich die Preise! Was kostete damals ein guter Hut und mit welcher Ausgabe muss man heute für einen „Best-Hat“ rechnen?
Meiner Meinung nach ist dieses Thema unerschöpflich und ich bin jetzt schon gespannt auf Deine Antworten.
Ich hoffe auch, dass sich unsere Leser trauen, hier weitere Fragen zu stellen.
Wir – die TRP – würden uns in jedem Falle sehr darüber freuen, wenn wir in einem weiteren Blog-Beitrag „Let’s talk about hats – Vol. 2“ mehr Informationen zum Thema „Cowboy-Hat“ von Dir bekommen würden.
So long, Chet
August 2, 2021 @ 5:00 pm
Super Interessant – auch für einen Indianer.
Vielen Dank für diesen Beitrag.
Oktober 25, 2021 @ 7:05 pm
Hi Friends! Da habt ihr aber eine schöne Seite und der Hut-Blog passt mir gerade prima in den Kram. Ich habe nämlich eine Frage. Ich besitze einen Western-Hut den ich nicht hergeben möchte. Mit ihm sind zu viele Erinnerungen verbunden. Über die Jahre hat er aber einige Mottenbisse abbekommen. Und jetzt meine Frage. Wie kann ich diese Löcher stopfen oder auch nur etwas abschwächen. Also eigentlich sind es keine Löcher sondern nur solche Vertiefungen. Maximal ein halber Zentimeter. Aber sie sehen eben nicht gut aus weil sie auf der Krempe und oben auf dem Hut-Körper sind. Wer kann helfen? Fragt der Max
Oktober 26, 2021 @ 5:48 pm
Vorweggesagt: Wenn der zu reparierende Hut nicht ein absolutes Teil von hohem Wert ist (also ein Sammler-Stück oder ein teures Unikat), dann vergesse ich den Mottenbiss. Bei einer ‘Reparatur‘ kann ich nämlich mehr zerstören als Instand setzen; vor allem wenn ich ungeübt bin! Außerdem gehört ein Mottenbiss zu jedem gut getragenen Hut dazu … – Wenn allerdings Ihr – und im Besonderen der Max – mich fragt, wie ich gut sichtbare Motten-Bisse minimieren würde, dann geht das so: Ich wähle die Kombination aus ‘Schleif-Methode‘ und ‘Nadel-/ Klebe-Methode‘ … ZUERST ‘breche‘/ verflache ich die Ränder der Mottenbisse, indem ich sie ABSCHLEIFE (feines Sand-Papier; oder Abschaben der Biss-Ränder z.B. mit einem Messer). Dann ‘besorge‘ ich mir FÜLLMATERIAL zur Auffüllung der Biss-Stellen; dazu trage ich an einer verdeckten Stelle meines zu reparierenden Hutes Filz-Material ab; wiederum mit Sandpapier; oder mit einem aus Kunststoff bestehenden Schleif-Bock; oder mit einer harten Zahnbürste. Das Material entnehme ich aus dem Inneren des Hutes; da, wo es keinem auffällt und die Entnahme den Hut nicht allzu sehr schwächt… ANMERKUNG: Man benötigt schon eine gewisse Menge von abgetragenem Filz-Material, um nachher damit Löcher stopfen zu können … Das gewonnene ‘Rohmaterial‘ werde ich später, a) entweder unter Zugabe eines Industrie-Klebers (transparent, farblos, hell) oder b) unter Zugabe von Feuchtigkeit (Spucke geht ganz gut) zu einer Füll-Melasse vermischen. – Bevor ich diese Füllmasse auftrage UND einmassiere, muss ich die Ränder der Mottenbisse präparieren. Dazu pikse ich mit einer Nadel oder einem anderen feinen Stick (z.B. Zahnstocher) VIELE KLEINE LÖCHER in den Randbereich und in das INNERE des Mottenbisses. Diese Löcher nehmen die Füllmasse auf, die ich letztendlich im Motten-Biss verteile und EINMASSIERE; dann trocknen lassen und erneut glatt schleifen … ANMERKUNG: Jeder Dreck, den Ihr an Euren Fingern tragt, wird nach dem Einmassieren in der ‘ausgebesserten‘ Stelle zu sehen sein. ALSO: Hände waschen! … Ganz schön aufwändig, oder!??… Deshalb meine Frage: Lohnt sich die Mühe einer solchen Motten-Biss-Reparatur wirklich ))!!!??? – Pete –
Oktober 26, 2021 @ 6:21 pm
Nach der Reparatur und dem Abtrocknen der Reparaturstelle kann man letztere zusätzlich mit einem Filz-Pflegemittel einsprühen; das konserviert und löst gegebenenfalls Unreinheiten; z.B. ‚Felt Hat Rain & Stain Protector Spray‘ gibt es von etlichen Herstellern … Übrigens: Die Bisse und Löcher verursachen die Motten-Larven! Wenn Ihr also eine Motte in Kleider-Nähe entdeckt, ist es meist schon zu spät …
Oktober 27, 2021 @ 6:59 pm
Übrigens: Filz-Nadeln/ Nadeln fürs Filzen gibt es im Internet zu kaufen; im Set oder bereits zu Mehreren (mit Griff) montiert; für unter 10 EURO …
November 1, 2021 @ 2:05 pm
Ja hallo. Der Pete hat recht. Das ist viel viel Arbeit so einen Mottenbiß zu reparieren. Und erst das Abschaben des Filz um Füllmaterial zu bekommen. Jetzt unterstützt mich meine Schwester. Die kennt das noch aus dem Werkunterricht in der Schule wo die auch schon mit Filz gebastelt haben. Wenn mein Schwesterlein Zeit für mich hat dann geht es gemeinsam ans Löcherstopfen. Wenn alles geklappt hat dann melde ich mich und liefere meinen Bericht ab. So long, sagt Max